„Was ich noch zu sagen hätte…“

Abschiedsvorlesung von Friedemann Schulz von Thun an der Universität Hamburg (23.10.2009). Was ich noch zu sagen hätte:

Herr Schulz von Thun hat auch meine Kommunikationswelt erweitert – Danke!

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Die Welt, wie sie mir gefällt Teil 2: Systemisch gesehen

Wir leben in einer Welt voller Systeme – wir leben in Systemen. Das Leben, systemisch gesehen, bedeutet alle Ereignisse und Gegebenheiten im systemischen Zusammenhang zu betrachten. Das Universum, die Planeten, alle Länder unserer Erde, Europa, Währungen, Politik, Gesellschaft, Unternehmen, Familien, der Freundeskreis, unser Körper… sie ahnen es schon: alles Systeme!

Den gesamten Zusammenhang aller Systeme zu berücksichtigen ist natürlich nicht möglich. Es gibt niemanden, der alle Systeme überschauen kann. Selbst wenn, so könnte dieser jemand nicht die Auswirkungen einer Handlung, auf alle Systeme in einem Leben beschreiben können. Alle Systeme in unsere Überlegungen mit einzubeziehen wäre übertrieben – sich die Systeme, in denen wir leben, genauer anzuschauen macht durchaus Sinn.

Um Ihnen „meine Welt“ besser verständlich zu machen, möchte ich Ihnen einige Personen und deren Arbeit vorstellen und zu den daraus folgenden Konsequenzen in meinem Weltbild kommen. Dies ist nur ein kurzer Ausflug in meine Welt und nicht ein wissenschaftlicher Text zu den beschriebenen Theorien! Wer möchte ist eingeladen, über die weiterführenden Links tiefer in meine Welt einzutauchen.

Ludwig von Bertalanffy führte Anfang der 1950er Jahre ein neues wissenschaftliches Paradigma ein. Er wollte weg von der isolierten Sichtweise der verschiedenen Wissenschaften. Denn wenn verschiedene Systeme sich beeinflussen, dann hat das auch Auswirkung auf die Zusammenarbeit verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Nichts kann mehr als einzelnes Phänomen betrachtet werden. Alles ist irgendwie miteinander vernetzt und von daher entsteht eine sehr große Komplexität. Dieses neue Paradigma bedeutet, die Kontrolle über ein bestimmtes (Wissens-) Gebiet aufzugeben, und Kollaboration und Partizipation zuzulassen. Kontrolle aufgeben passt gut in mein Weltbild – Loslassen!

Die Kybernetik, etwa zur gleichen Zeit von Norbert Wiener eingeführt, beschäftigt sich als „übergeordnete“ Wissenschaft mit der Funktion komplexer Systeme. Es geht um Kommunikation, Steuerung (Navigation) und Feedback (Rückkopplung) eines Systems (Regelkreises). Ein typischer Regelkreis ist ein Thermostat, welches immer den gewünschten Ausgleich schafft. Um Ausgleich geht es auch in meinem Weltbild (wobei die Thermostate hier andere sind u.a. Ressourcen). Ich möchte gerne noch Heinz von Förster, Mitbegründer der Kybernetik, hinzunehmen. Als Physiker und Philosoph war er ein Meister im Auffinden unserer „Blinden Flecken“. „Wir sehen, dass wir nicht sehen“, oder „Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners“ – Das sind Aussagen, die Sie entweder abschrecken, oder Sie dazu animieren diesem Mann mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Blinde Flecken zu erkennen, immer wieder bewusst darüber sein, dass es weder DIE Wahrheit gibt, noch Richtig oder Falsch. Das passt: Zu der Welt, wie sie mir gefällt.

Niklas Luhmann stellt in seinem Modell die Gesellschaft als komplexes System von Kommunikation dar. Also stellt er nicht den Menschen, sondern die Kommunikation in den Vordergrund. Unter Kommunikation versteht er nicht nur Sprache, sondern auch symbolische Kommunikationsmedien wie Geld, Wahrheit, Liebe und Macht. Das lebendige System ist selbstreferentiell, d.h. es kann einen Bezug zu sich selbst – in seinem System – in Abgrenzung zur Umwelt herstellen. Die Systeme sind autopoietisch, sie erhalten und/oder erschaffen sich immer wieder neu. Der Sinn eines Systems muss vorhanden sein, damit es weiterhin bestehen kann. Vielleicht ist Luhmann deswegen momentan aktueller denn je. Das Zusammenspiel von Kommunikation, Reflexion, der Sinnfrage und der grenzenlosen Kreativität in der Autopoiesis… passt sehr gut, in die Welt, wie sie mir gefällt.

Als SystemCoach prägen mich natürlich auch die Ansätze verschiedener systemischer Schulen. Interessanterweise geht alles auf das neue Paradigma (s.o.) zurück, denn auch, wenn die Schulen verschiedene Ansätze verfolgen, so ist doch der übergreifende Aspekt immer zu erkennen! Die systemische Sicht „schaut“ über das Individuum hinaus, d.h. die verschiedenen Systeme (z.B. Beruf, Familie, Freunde…), in denen die Person lebt werden miteinbezogen. Dies hat nicht nur Entlastung beim Individuum zur Folge (der Druck lastet nicht auf einer Person, oder einer Handlung), sondern ermöglicht ein enormes Spektrum an Lösungsmöglichkeiten. Systemisch heißt auch lösungsorientiert denken und handeln. Es heißt die Ressourcen (im System) zu erkennen, sie hervorzuholen, sie zu nutzen. Kurz: Es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der nicht nur nur das Individuum betrachtet, sondern den Ausgleich im System schafft. Ganz so, wie mir die Welt gefällt.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die Systemtheorie, mit ihren verschiedenen Facetten, in meinem Denken und Handeln leitet. Ermöglicht sie es mir über meinen Tellerrand hinaus zu blicken und mich als Teil des Ganzen zu sehen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger! Was hat das nun für Konsequenzen, mag sich der ein, oder die andere fragen. Ist das Individuum nun wichtig, oder spielt es eigentlich gar keine so große Rolle, universell betrachtet?

Das möchte ich mit einem alten chinesischen Sprichwort beantworten:

„Die Kraft von Schmetterlingsschwingen

ist noch auf der anderen Seite des Erdballs zu spüren.“

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(Fortsetzung mit Teil 3 folgt)

Die Welt, wie sie mir gefällt Teil 1: Welt und Wirklichkeit

Vielleicht auch eine Welt, wie Sie Ihnen gefällt? Wie Teil 1 schon andeutet, wird es mehrere Teile zum Selbstverständnis meiner Arbeit, meines Lebens geben. Leben und Arbeiten, Arbeiten und Leben – diese Trennung findet bei mir schon seit langem nicht mehr statt – ich nenne es einfach Leben. Man könnte diesen Part auch Philosophie nennen, oder einfach nur (Lebens-) Einstellung…

Heute möchte ich Sie an einigen „meiner“ Grundgedanken und Vorannahmen auf meinem Weg als Coach – als Mensch – teilhaben lassen. Folgende Leitsätze und Motive haben mich seit 1999 (ich habe damals meine Ausbildung zum NLP-Practitioner gemacht) in meinem Leben (und Arbeiten) sehr geprägt. Diese heuristischen Vorannahmen beruhen vor allem auf den Ansätzen von Gregory Bateson, Fritz Perls, Virginia Satir, Milton H. Erickson und Alfred Korzybski:

  • Jedes Verhalten ist Kommunikation.
  • Körper und Geist sind Teile desselben Systems und beeinflussen sich gegenseitig.
  • Menschen reagieren auf ihre subjektive Abbildung der Wirklichkeit, sie orientieren sich an ihrem eigenen Modell der Welt, welches sie aufgrund ihrer Erfahrungen geschaffen haben.
  • Diese Modelle lassen sich auch als mentale Landkarten bezeichnen.
  • Alle Menschen verfügen über Ressourcen und Fähigkeiten, die sie nutzen können, um ihre Ziele zu erreichen. Sie können lernen sich diese Ressourcen (wieder) zugänglich zu machen.
  • Eine Landkarte ist nicht das Gebiet. Paul Watzlawik sagt es sinngemäß so: Wenn wir Schweine denken, haben wir dennoch keine Schweine im Kopf. Landkarten sind zur Orientierung, sie helfen uns, uns in der Wirklichkeit zurecht zu finden.
  • Durch Veränderung dieser Landkarten (oder Modelle), ändert sich auch unsere Wirklichkeit .
  • Menschen wählen immer die beste, der ihnen zur Verfügung stehenden Wahlmöglichkeiten.
  • Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht.
  • Wahlmöglichkeiten zu haben ist besser, als keine Wahlmöglichkeiten zu haben.
  • Die Bedeutung in der Kommunikation, liegt in der Reaktion, die du bekommst.
  • Wenn das, was du tust nicht funktioniert, tue etwas anderes.
  • Fehler bedeuten nicht Versagen, sondern Feedback.
  • Probleme sind Lösungen, die auf dem Kopf stehen 😉
  • Sich an Lösungen und Zielen zu orientieren ist effektiver, als an den Problemen.
  • Alles, was Menschen tun kann modelliert werden.
[Quelle: Hans Maas, Ausbildungsskript NLP_Pratitioner, Kassel, Mai 1998]

Bis heute bin ich immer wieder begeistert, über diese scheinbare Einfachheit dieser Grundannahmen. Sich daran auszurichten verändert sehr vieles. Wahlmöglichkeiten haben, Fehler machen „dürfen“, Ressourcen zugänglich machen, Lösungen und Ziele statt Probleme (…) – dieses Modell, diese Landkarte, ermöglicht unglaubliche Entwicklung, im Gegensatz zu starren Modellen, die einengen bzw. Dinge für feststehend, nicht veränderbar betrachten…

Welt und Wirklichkeit: Paul Watzlawik fragt, mit seinen Buchtitel: „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ Antwort: Wir wissen es nicht. Das beschriebene Modell ermöglicht uns die eigenen Modelle und Landkarten Tag für Tag zu prüfen. Vielleicht zu modifizieren, oder durch andere, aktuellere, passendere Modelle zu ersetzen. Wir verändern uns jeden Tag, die Menschen um uns herum verändern sich jeden Tag – also was liegt näher, als die Modelle und Landkarten immer wieder an das Gebiet anzupassen? Ähnlich einem Navigationssystem, welches sich auch immer wieder updatet, Staus und Baustellen berücksichtigt, neue Straßen ins System integriert usw. Das System ist aktuell und wir kommen am schnellsten und direktesten zu unserem Ziel… (Fortsetzung folgt)